Sonderregelung für Retter: Feuerwehrführerschein
Erstmalig im Landkreis Peine und der weiteren Umgebung wurden in Hohenhameln 13 Inhaber von PKW-Führerscheinen der Klasse B im Februar für den Erwerb des sogenannten „Feuerwehrführerschein“ für Feuerwehrfahrzeuge bis zu 7,5 t ausgebildet. Auf Grund der Premiere bekamen nun die Absolventen diese im Rahmen einer kleinen Feierstunde im Rathaus überreicht.
Feuerwehrfahrzeuge bringen mit ihrer Ausrüstung für die Hilfe im Ernstfall bei Bränden und Technischen Hilfeleistungen ein beachtliches Gewicht auf die Waage. Das „Gesamtpaket“ ermöglicht beste und optimale Arbeit an der Einsatzstelle, bedeutet aber auch massive Probleme für die Freiwilligen Feuerwehren. Seit der Einführung der zweiten Führerscheinrichtlinie im Jahr 1999 können Erwerber von Pkw-Führerscheinen (Klasse B) keine Fahrzeuge in der Gewichtsklasse zwischen 3,5 t und 7,5 t mehr führen. Nur die Inhaber alter Pkw-Führerscheine durften diese schwereren Einsatzfahrzeuge führen.
Durch Inkrafttreten der niedersächsischen Verordnung über die Erteilung von Fahrberechtigungen an ehrenamtliche Angehörige der Freiwilligen Feuerwehren und Mitarbeiter im Katastrophenschutz vom 5 Juli 2011 ist es nun möglich, auch eine Fahrerlaubnis für das Führen von Fahrzeugen bis zu 7,5 t zulässiges Gesamtgewicht zu erteilen, den sogenannten Feuerwehrführerschein. Vorausgesetzt, der Fahrer besitzt mindestens seit zwei Jahren eine Fahrerlaubnis der Klasse B, wurde in das Führen von Einsatzfahrzeuge eingewiesen und seine Befähigung wurde in einer praktischen Prüfung nachgewiesen. Einweisung und Prüfung können die betroffenen Organisationen selbst durchführen.
Als Vorreiter im Landkreis Peine und auch in der weiteren Umgebung hat die Feuerwehr der Gemeinde Hohenhameln die neue Möglichkeit in die Tat umgesetzt. Nun bekamen 13 Feuerwehrmänner und -frauen aus Equord, Harber, Hohenhameln und Mehrum die speziellen Fahrberechtigungen für Einsatzfahrzeuge bis 7,5 Tonnen Gesamtmasse ausgehändigt - gültig nur in Deutschland und nur für die Feuerwehreinsatzfahrzeuge der ausstellenden Kommune. Doch in den Monaten vor dieser Premiere mussten die Feuerwehrmitglieder mehr „schwitzen“, als der Gesetzesgeber vorgeschrieben hatte. Von Anfang an sollte es eine umfassende Ausbildung werden, der entsprechende Personenkreis sollte optimal ausgebildet werden. Der geeignete Ausbilder war schnell gefunden. Wolfgang Lemke, der nicht nur freiwilliger Feuerwehrmann in der Ortswehr Clauen ist, sondern beruflich unter anderem auch als Fahrlehrer tätig ist. Er sagte spontan zu und erstellte in kürzester Zeit ein entsprechendes Schulungskonzept, das die gesetzlichen Vorgaben mehr als erfüllt. Als Unterstützer meldeten sich spontan Jessika Lahn, Mathias Otto, Rolf Rogge, Peter Großmann, Reinhard Horn und Jens Glawe.
Im 90-minutigen Theorieunterricht wurden Themen wie §35 Straßenverkehrsordnung (StVO) „Sonderrechte“ und 38 StVO „Blaues Blinklicht und gelbes Blinklicht“, „Fahrzeugübernahme und Fahrsicherheitskontrolle“ und „Gefahren durch den toten Winkel“ behandelt. Auf dem Gelände der Zuckerfabrik Clauen absolvierten die Teilnehmer in vier Gruppen in verschiedenen Fahrzeugen der Hohenhamelner Wehren unterschiedlichste Fahrübungs-Stationen. Hier galt es, verschiedene Aufgaben zu bewältigen: die Fahrzeugübernahme mit Fahrersicherheitskontrolle, das Rückwärtsfahren mit Einweiser, Zielbremsen, Slalomfahren und versetzt Parken, Rückwärtsfahren und seitliches Parken und, als schwierigste Aufgabe, den Hänger rückwärts schieben mit Einweiser. Nach diesem Termin war Lemke dreimal je 45 Minuten mit jedem „Fahrschüler“ auf den Straßen im Landkreis unterwegs - am Tag, in der Nacht und bei der Prüfungsfahrt. „Das Gelände der Zuckerfabrik ist ideal, in Ruhe und ungestört konnte gearbeitet werden“, dankte nicht nur Wolfgang Lemke dem Vertreter des Werkes, Erich Strelau.
Den erfolgreichen Absolventen Sebastian Strelau, Christoph Aumann, Henning Howind, Eric Troppenhagen, Domenikus Müller, Steffen Wenzel, Sören. Wünsche, Judith Ebeling, Jasmin Ebeling, Annika Bertram, Carsten Brennecke, Jakob Dobberstein und Jan Decker wünschte Lemke ebenso wie Gemeindebürgermeister Lutz Erwig, Ordnungsamtsleiter Rolf Bettels und Gemeindebrandmeister Günther Becker „allzeit gute Fahrt und weiterhin so viel Spaß bei der Feuerwehr“. Becker zeigte sich begeistert, wie die Ausbildung mit entsprechender rechtssicherer Dokumentation seitens des Fahrlehrers durchgeführt wurde. „Es ist mehr als vorbildlich, es ist einzigartig. Wolfgang ist nicht nur ein begeisterter Berufskraftfahrer und Fahrlehrer, er hat auch Benzin im Blut, mindestens E 50“ lobte der Gemeindebrandmeister den engagierten Feuerwehrmann mit einer kleinen, nett gemeinten Anspielung auf dessen Alter über 50, „seine ruhige Art und seine Begeisterungsfähigkeit sind hochgradig ansteckend, wir sind daher froh und dankbar, dass wir ihn für diese Aufgabe gewinnen konnten“. Des Weiteren gab Günther Becker einen kurzen Überblick über den langen Weg bis zum Feuerwehrführerschein. Und urteilte abschließend: „Die Politik hat leider wieder Jahre gebraucht, um die Änderung in der Fahrverordnung auf den Weg zu bringen“. Die kleine Feierstunde zur Übergabe der Fahrerlaubnisscheine wird allerdings eine Ausnahme bleiben: in Zukunft gibt es nur eine kurze und schmerzlose Übergabe wie beim Erhalt des Führerscheines und einen warmen Händedruck.